Afghanistan 1969. Film & Live-Musik

Sa, 30. November 2019, 19 Uhr
Kleine Bühne 103, Oesterholzstraße 103, 44145 Dortmund

„Afghanistan 1969. Ein Land, vom Kino gerettet“ ist ein experimentelles Projekt, das einen dokumentarischen Amateurfilm in den Mittelpunkt stellt. Der Film wurde vor 50 Jahren in Afghanistan von einer jungen Filmemacherin aus Italien gedreht. Der Super8-Film wird von Musikern aus dem Irak, Italien und Afghanistan live vertont. Mit anschließendem Filmgespräch.

Das Land, das wir im Film sehen, gibt es nicht mehr – nicht nur, weil vom Moment der Dreharbeiten bis heute ein halbes Jahrhundert vergangen ist, sondern vor allem, weil dieses Land in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche Kriege verwüstet wurde.

Trotz aller so genannten „Sicherheitsmissionen“ ist Afghanistan heute noch immer weit von Frieden und Sicherheit entfernt. Der Film zeigt uns ferne Eindrücke aus dem Land vor dem Krieg. Die Nachrichten-Medien sprechen eine ganz andere Sprache.

Kann sich jemand an diese Zeit erinnern? Gibt es Zeitzeugen, die unter uns leben? Inwieweit gibt der Film, der von einer Europäerin gedreht wurde, die damalige Wirklichkeit wieder? Wie formt die Herkunft den Blick auf die Dinge? Welche Bilder gibt es heute von Afghanistan?

Der Film wird von einem internationalen Ensemble aus Italien, dem Irak und aus Afghanistan musikalisch live vertont: Cosimo Erario (Gitarre), Bassem Hawar (Djoze), Alessandro Palmitessa (Komposition, Klarinette, Saxofon), Daud Khan Sadozai (Robab).

Im Anschluss an den Film sprechen Geremia Carrara, Kurator vom Archivio Nazionale del Film di Famiglia (Bologna), Dr. Katja Mielke, Politikwissenschaftlerin vom Internationalen Konversionszentrum (Bonn) und Fereydun Kohestani, mobile Beratung Namaste 103 (Dortmund) über Vergangenheit und Gegenwart in Afghanistan.

Der Eintritt ist frei.

DIE MUSIKER

Bassem Hawar (Djoze/Kniegeige; Live Elektronik) wurde in Baghdad geboren und lebt seit 2000 in Köln. Bassem Hawar wuchs in einer alten Kulturlandschaft zwischen den antiken sumerischen Städten Ur und Lagash im Südirak auf, der Heimat der Musiker und Künstler. 1987-1993 studierte er arabische Musik, Fachrichtung Djoze, am renommierten Konservatorium in Baghdad, der einzigen Institution dieser Art in der arabischen Welt (gegründet vom legendären irakischen Oud-Spieler Munir Bashir), Abschluss mit Prädikatsexamen. Anschließend studierte er Musikwissenschaft an der Universität Baghdad. 1995-1999 war er Lehrer für Djoze am Konservatorium in Baghdad. Bassem Hawar ist einer der wenigen Musiker, der die Djoze nicht nur im traditionellen Stil beherrscht, sondern auch in seine Vorliebe für Jazz und Neue Musik integriert. Er erhielt diverse Preise, Stipendien und Auszeichnungen, zuletzt den WDR Jazzpreis 2020 in der Kategorie Musikkulturen.

Daud Khan Sadozai (Robab und Sarod) wurde in Kabul geboren und immigrierte vor über 30 Jahren ins Rheinland. Er lebt in Köln und ist ein Meister auf den klassischen Saiteninstrumenten Robab und Sarod sowie einer der versiertesten und angesehensten Interpreten nordindischer und afghanischer Musik in Europa. Er erlernte das Robabspiel noch in Afghanistan bei dem bekanntesten Interpreten dieses Instrumentes, Ustad Mohammad Umar. 1981 wurde er Meisterschüler des Sarod-Virtuosen Ustad Amjad Ali Khan. Er hat an den renommiertesten europäischen Musikfestivals teilgenommen, mit klassisch-westlichen Ensembles, in Projekten der musikalischen Avantgarde und des Jazz gespielt und wurde in Indien zweimal mit dem Ustad Hafez Ali Khan Award ausgezeichnet.

Cosimo Erario (Gitarre; E-Gitarre), geboren in Carbonara, Italien, lebt seit einigen Jahren in Köln. Cosimo Erario spielte bereits mit 7 Jahren Gitarre. Später folgten Studien bei Siena Jazz und bei Ravenna Jazz, u.a. bei Pat Metheny, Mike Stern, Joe Diorio, Scott Henderson, Frank Gambale und Michael Landau. Nach einer langen Deutschlandtournee mit über 300 Gigs mit dem Varieté LA PIAZZA beschloss Cosimo Erario 1995 in Deutschland zu bleiben. Hier ist er heute u.a. als Gitarrendozent an der „Deutschen Pop Akademie“ aktiv. Im Jahr 2000 gründete er das Label EGP records, mit dem er zahlreiche CDs produziert hat.

Alessandro Palmitessa (Klarinette; Saxphone; Live Elektronik), geboren in Atina, Italien, lebt seit 1997 ebenfalls in Köln. Der Klarinettist, Saxophonist und Komponist studierte Jazz und klassisches Saxofon zunächst mit einem Diplomabschluss des Konservatoriums N. Piccinni in Monopoli (Bari/Italien). Als Stipendiat bei „Siena Jazz“ erlangte er im Anschluss die „High Professional Qualification in Jazz Music and Contemporary Derivation“. Alessandro Palmitessa ist mehrfacher musikalischer Preisträger und spielt in zahlreichen international besetzten Formationen auf internationalen Jazzfestivals. Er leitet das „Menschensinfonieorchester“ und tourt in Europa mit dem japanischen Shibusa Shirazu Orchestra.

„Afghanistan 1969. Ein Land, vom Kino gerettet“ ist ein Projekt von Geremia Carrara / Home Movies. Archivio Nazionale del Film di Famiglia (Bologna) in Kooperation mit dem Heinz Kühn Bildungswerk und dem Chancen-Café 103, im Rahmen des Programms Namaste 103 von Anup Khattri Chettri / Machbarschaft Borsig11 e.V., gefördert von Interkultur Ruhr und realisiert mit den Chancen der Bewohner des Borsigplatz-Quartiers.