Do., 15. Januar, 18 Uhr
Oesterholzstraße 103
Es tut sich was am Borsigplatz. Was soll sich verändern? Wie wollen wir unsere Chancen 2015 nutzen? Wir freuen uns auf Nachbarn, Komplizen und Besucher, um gemeinsam zu überlegen, was möglich und was machbar ist.
Etwa 20 Bewohner des Borsigplatz-Quartiers waren dieser Einladung gefolgt. Nach einer Kurzvorstellung von PUBLIC RESIDENCE: DIE CHANCE und bestehender Projekte wie der Givebox, der mobilen Werkstatt, des Geschmacksarchivs und der Umbenennung von Straßen kamen drei Künstler zu Wort: Frank Bölter, Rolf Dennemann und Dorothea Eitel. Olek Witt, der mit mehreren Theater-Gruppen im Quartier arbeitet, ließ sich entschuldigen.
Frank Bölter sprach zunächst die Einladung zu einer Schweigeminute nach dem Motto „Warten auf die Kunst“ aus, der die Anwesenden geschlossen folgten. Daraufhin entspann sich ein Gespräch über „Veränderung“. Der Künstler erläuterte seine Vorstellungen am Beispiel seiner jüngsten Aktion mit Schülern der Oesterholz-Grundschule, mit denen er übermannsgroße Papierflieger im Unterricht faltete, oder der Aktion „Dortmunder Schwarzbräu„, die vielleicht dereinst für einige Biertrinker vom kleinen Borsigplatz Hartz IV überflüssig werden lässt. Die Vision steht am Anfang der Veränderung. Die bescheidene erste Edition des selbst gebrauten Biers umfasst knapp 30 Liter. Beim „Abfüllfest“ vergangene Woche wurde sie erfolgreich „verflascht“ und muss nun einen weiteren Monat in der Flasche reifen, bevor sie getrunken werden kann.
Rolf Dennemann lud die Besucher zu einer gedanklichen Reise durch das Borsigplatz-Quartier ein. Borsig Blinks: Geschichten zu sammeln, ist sein Plan, und zusammen mit den Teilnehmern des Projekts eine Figur zu kreieren, die sie erlebt. Es entsteht ein Drehbuch, ein Krimi, der am Borsigplatz spielt. Die Umsetzung, ob in Form eines Romans, eines Comics, Films oder Theaterstücks, ist noch offen. Die Mythologie, die sich aus Wahrheit und Fiktion zusammenfügt, kann sich auch auf der Straße widerspiegeln. Durch Gedenktafeln etwa, Hinweisschilder etc. ließe sich ein Parcours durchs Quartier entwickeln, in dem sich Geschichte und Fantasie vermischen. Eine szenische Umsetzung ist in Kooperation mit Olek Witt geplant.
Im Anschluss stellte Dorothea Eitel ihr Konzept „Monopoly zweipunktnull“ vor, einen Spieleabend für 2 Performer, 3 Aktionsorte, 4 Städte und mehr als 5 Mitspieler. Die Mitspieler setzen Chancen ein, können Straßen kaufen, Häuser und Hotels bauen etc., Chancen scheffeln oder nicht: Sie können außerdem mit ihren Chancen Kunst ermöglichen. Sie haben die Wahl und werden Zeugen der Entwicklung einer partizipativen Performance. Auf Nachfrage schlug die Künstlerin als Beispiel einer solchen Performance eine Menschen-Kaskade entlang der Vincenzheim-Mauer vor, in der sich Minderheiten aller Art, vom Kriegsflüchtling bis zum Rollstuhlfahrer vereinen und die Mauer wellenförmig immer wieder verdecken und wieder sichtbar werden lassen. Dieser Vorschlag fand großen Anklang und wurde weiter diskutiert. Zum Abschluss zeigte Dorothea Eitel noch einige Videos ihrer letzten Performances: Einkaufen am Borsigplatz, Guerilla-Café und Blind Date.
Im Laufe des Abends wurden weitere Chancen in Umlauf gebracht, weitere Ideen entwickelt, weitere Talente am Pool der Fähigkeiten gesammelt und nicht zuletzt nochmal auf das neue Ladenlokal angestoßen, das vielseitig genutzt zu werden verspricht…
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PUBLIC RESIDENCE: DIE CHANCE
ein Projekt von Machbarschaft Borsig11 e.V.
in Kooperation mit der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft