Es ist so weit: Die von Volker Pohlüke und Guido Meincke erdachte Lokalwährung ist gedruckt und wird an alle, die im Quartier wohnen, verteilt. Dass 100 Chancen wirklich so viel wert wie 100 Euro sind, macht die Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft möglich. Dass das Ganze auch Sinn stiftet, dafür sorgen 4 Künstler, die vor wenigen Wochen an den Borsigplatz (Wambeler und Unnaer Straße) gezogen sind und 1 Jahr lang hier leben werden.
Angela Ljiljanic, Henrik Mayer, Susanne Bosch und Frank Bölter (v.l.n.r.) haben in- und ausländische Erfahrung mit partizipativen Kunstprojekten. “Im Freiraum der Kunst”, so die Sprecherin der Montag-Stiftung Ruth Gilberger, “sind soziale Prozesse möglich, die nachhaltig wirken”. In diesem Sinne will auch Henrik Mayer, begeistert von so verrückten Straßenschildern wie “Freizeitstraße”, die kollektive Phantasie wecken und diese z.B. bei der “Litfaßsäulenparty” am 5.7. ab 18 Uhr am Borsigplatz herauskitzeln. Angela Ljiljanic hat eine anders gemeinte “Rasterfahndung” gestartet. Sie sucht Guerillakämpfer und -kämpferinnen zwischen 18 und 26, die im Quartier etwas verändern wollen. “‘Guerilla’ hat was von Kampfansage.”, erklärt Angela, “Gemeint ist auch die Kampfansage an sich selbst im Sinne von Selbstermächtigung”.
Susanne Bosch hat sich in den letzten Jahren mit anderen Orten auf der Welt vertraut gemacht, an denen Menschen alternative Lebens- und Arbeitsmodelle erfinden, weil die bestehenden Strukturen der Ökonomie und des Geldes nicht mehr richtig funktionieren. Das Viertel um den Borsigplatz erkennt Susanne als einen “Stadtteil, der die Transformation mit am direktesten erfährt”. Tauschen, das illustriert sie bei einem spontanen Experiment, kann ebenfalls direkt geschehen und soziale Prozesse auslösen, die unmittelbar und begegnungsintensiv sind – eine völlige Umkehrung der distanzierten Verhältnisse, die das Tauschmittel Geld der Menschheit beigebracht hat.
Frank Bölter hat bereits etwas auf die Beine gestellt: Ein Auto, das jetzt mitten auf dem Borsigplatz steht. Kein richtiges qualmendes Auto, sondern ein unbewegliches aus Papier, gemeinsam gefaltet mit 20 Kindern und stabilisiert mit Holzlatten aus den elterlichen Kellern. Frank hatte sich nämlich verplant: Das Auto wurde viel größer als vorgehabt und darum so instabil, dass das Papier Verstärkung benötigte. Diese Not hatte zur Folge, dass zusätzliche Ressourcen aufgetrieben werden mussten und zusätzliche Personen involviert. Franks fröhliche Erkenntnis: “Fehler machen hilft weiter!”
Nicht zu vergessen: Jeder, der im Quartier Borsigplatz wohnt, hat Anrecht auf 100 Chancen! Ausgabestelle ist beim Verein Borsig11 e.V. am Borsigplatz 9 in den Räumen von Vivawest. Nicht entgehen lassen!